Das Internet gilt heute
als zentrale Wissens- und Informationsressource. Damit verbunden
ist zunehmend die Vorstellung, dass sich jeder über dieses
Medium entsprechend seiner eigenen Bedürfnisse bedienen kann
und soll. Immer mehr öffentliche Dienstleistungen werden über
das Internet angeboten und eröffnen den NutzerInnen auf diesem
Weg spezifische Vorteile für die Bewältigung des alltäglichen
Lebens.
Allerdings ist der Gebrauch des Internet voraussetzungsvoll. Neuere
empirische Ergebnisse und theoretische Überlegungen weisen
daraufhin, dass sich auch in diesem Kontext eine gesellschaftliche
Spaltung abzeichnet. Innerhalb des Internet zeigen sich entlang
sozialer Ungleichheiten unterschiedliche Nutzungsweisen und spiegeln
damit die Begrenzungen des „real life“ auch im virtuellen
Raum wider. Somit prägen auch hier nicht nur individuelle
Präferenzen, sondern in einem besonderen Maße auch soziale
Strukturen und Prozesse Vergemeinschaftungsformen und Aneignungsräume.
Dies zeigt sich auf zwei Ebenen: Zum einen durch Schließungsprozesse
unter den NutzerInnen und zum anderen durch Angebotsstrukturen,
die - häufig entgegen ihrem eigenen Anspruch - jeweils spezifische
Zielgruppen erreichen.
In Zusammenhang mit der allgemeinen Bildungsdebatte wird darauf hingewiesen, dass die formellen Bildungsstrukturen dringend einer Ergänzung durch informelle bzw. nonformelle Angebote bedürfen. Gerade dem Internet wird hier eine besondere Rolle zugeschrieben. Das Phänomen der digitalen Ungleichheit verweist hier jedoch auf Grenzen, die durch die Wirkmächtigkeit kultureller, sozialer und materieller Ressourcen gezogen werden: Ökonomische Ressourcen kanalisieren die Zugangsmöglichkeiten, Alltagsrelevanzen prägen die jeweiligen Nutzungsintentionen, soziale Beziehungen beeinflussen die verfügbaren Unterstützungsstrukturen, Aneignungsweisen (im Sinne von Selbstbildungsprozessen im sozialen Handeln) reproduzieren ein spezifisches Bildungsverständnis. Dies führt gerade für die nachwachsende Generation zu einer frühen Stratifizierung der Chancen und damit für viele zu einer weitreichenden Bildungsbenachteiligung.
In diesem Zusammenhang stellt sich die gesellschafts- und bildungspolitisch relevante Frage nach den Teilhabechancen und dem demokratischen Potential des virtuellen Raums. Sie gilt es sowohl unter empirischen als auch theoretischen Ansätzen aus der Perspektive der für diesen Kontext grundlegenden Disziplinen zu klären und für eine zukunftsorientierte Praxis nutzbar zu machen.
Dabei stehen insbesondere folgende Fragen im Mittelpunkt der Analyse:
- Welche Bedeutung haben technische Ausstattung und soziale Zugangsorte für die Teilhabe im virtuellen Raum?
- Welchen Einfluss haben soziale Rahmenbedingungen auf Nutzungsdifferenzen und welche Ausprägungen finden sich in dieser Hinsicht bei Jugendlichen?
- Welche Vergemeinschaftungsformen und spezifischen Medienkulturen können im Internet beobachtet werden und welche Bedeutung haben sie für informelle Bildungsprozesse?
- In welchem Verhältnis stehen „real life“ und „virtual space“ in Bezug auf die Ermöglichung von Aneignungsweisen?
- Welche qualitativen Voraussetzungen müssen gegeben sein, um neue Bildungszugänge für Jugendliche über die informelle Struktur des Internet zu eröffnen?
Die Tagung wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.
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